Am Samstag waren wir wieder verabredet. Diesmal sollte ich einen Ort aussuchen, an dem wir uns amüsieren konnten. Und natürlich wählte ich den Rummel, der direkt in der Innenstadt eröffnet hatte. Ich liebe Rummelplätze. Die vielen bunten Lichter. Die ganze Musik, die aus allen Richtungen dröhnt. Aber am tollsten fand ich schon immer die Pärchen, die so verliebt über den Platz laufen. Mit einem Plüschtier im Arm oder mit Ballons. Diese Pärchen machten immer diesen besonderen Zauber aus.

Und diesen Samstag wollte ich auch einmal diesen Zauber spüren. Ich hoffte so sehr, dass er es auch wollte.

Wir trafen uns also am Eingang des Rummelplatzes. Er sah wieder klasse aus. Ohne dass er sich groß rausputzte, sah er doch immer wie aus einem meiner Magazine aus. 

Er stand also vor mir und grinste mich an. "Du hast wieder nicht zugehört." lachte er. "ich möchte manchmal echt gern deine Gedanken lesen."

"Oh entschuldige." lachte ich mit ihm. 

Wir verbrachten einen wunderbaren Tag. Obwohl wir eigentlich nicht viel taten, außer nebeneinander zu laufen und zu reden. Vor den Fahrgeschäften blieben wir immer stehen, sahen uns an und waren uns einig: "Auf keinen Fall!" Diese schnellen Dinger waren eindeutig nichts für uns. Aber in die Geisterbahn wollte ich unbedingt. 

"Mich erschreckt das doch eh nicht." sagte er und verschrenkte die Arme vor der Brust. "Aber einer muss dich ja beschützen." grinste er und kaufte uns zwei Karten.

Die Fahrt war wirklich nicht sehr erschreckend, aber langweilig war sie dafür auch nicht. Wir versuchten uns gegenseitig zu erschrecken oder machten uns über die Monster lustig. Mit Bauchkrämpfen vom lachen kamen wir wieder aus der Geisterbahn. 

Wir gingen noch eine Weile über den Platz, aßen Pommes und Unmengen an Süßkram.

Ich beobachtete eines dieser zauberhaften Pärchen, die gerade an einem Schießstand standen. Der Mann versuchte offensichtlich etwas für seine Freundin zu gewinnen.

"So ein Blödsinn!" hörte ich neben mir. Ich sah meinen Begleiter schockiert an und fragte: "Was?" 

"Na der Typ da, der krampfhaft versucht etwas für seine Freundin zu gewinnen." 

Ich war total perplex. 

"Der gibt sich doch gar keine Mühe. Komm mal mit!" sagte er und zog mich hinter sich her. 

Am Schießstand wusste ich noch gar nicht wie mir geschah, als er einen Schuss nach dem anderen abfeuerte und den anderen Mann ziemlich doof dastehen ließ. Dann hörte ich nur noch wie er "Den da" sagte. Plötzlich überreichte er mir einen riesigen Plüschbären mit einem Herzen in den Armen. Ich war so überrascht und glücklich, dass ich beinahe Tränen in den Augen hatte. 

"Ich hoffe du freust dich" lächelte er mich wieder an. 

"Und wie" strahlte ich zurück und fiel ihm um den Hals. 

Er wurde etwas rot um die Nase und lachte verlegen. Doch dann nahm er meine Hand und wir gingen weiter über den Platz.

"Ähm.. Entschuldigung." Ich tippe dem jungen Mann auf die Schulter und lächle ihm entgegen. "Kannst du mir vielleicht sagen wie spät es ist?" 

Langsam dreht er sich zu mir um. Ich werde unsicher ob ich ihn nicht  gerade gestört hab. Doch er lächelt zurück. 

"Oh hallo, ..." fängt er an zu erzählen. Und er hört gar nicht auf zu erzählen. denke ich mir. Aber eine tolle Stimme hat er. Fast wie die Stimme meines Lieblingsrocksängers.

"... stehst wohl auf Nightmare before Christmas?" höre ich ihn gerade noch sagen.

"Öööhm... Was?" Oh nein, ich hab wieder mal nicht zugehört. Ich muss mir das dringend abgewöhnen. Ermahne ich mich selbst.

Der süße Typ lächelt mich belustigt an und zeigt auf mein T-Shirt. "Ich hab gefragt ob du auf Nightmare before Christmas stehst?" 

"Ähm ja. Sehr sogar." antworte ich lachend. "Tut mir leid, ich war mit meinen Gedanken kurz woanders. AUUU!" Mein Rücken schmerzt plötzlich, als hätte man mir einen vollbeladenen Einkaufswagen hineingerammt. Ich dreh mich um und blicke in die Augen einer kleinen fiesgrinsenden Omi, die einen mehr als vollbeladenen Einkaufswagen in ihren knöchrigen Händen hat. Ich überlege. Vielleicht war es ja keine Absicht von ihr. "AUUUU." Und schon hat sie mir diesen Panzer in den Bauch gerammt. Ich hole tief Luft um dieses Wesen der Hölle zusammen zu falten aber da fällt mir wieder der süße Typ ein. Wenn ich jetzt diese alte Frau anschreie, werd ich wohl kaum einen guten Eindruck machen. Also reiß ich mich zusammen und setze mein alltägliches Arbeitsgesicht auf. Mit dem freundlichsten Lächeln frag ich sie: "Kann ich Ihnen vielleicht irgendwie behilflich sein? Oder wollen Sie nur durch?" 

Sie schaut mich an und knurrt: "Will durch." 

Ich stelle mich dicht neben den Süßen und lass sie vorbei ziehen. Mit letzter Wucht fährt sie mir noch über den Fuß und murmelt: "Diese Jugend von heute."

Perplex schau ich ihr hinterher bis mich ein leises, leicht gehässiges Lachen, wieder in die Realität zurück bringt. Verwirrt schau ich zur Seite. 

"Tut mir leid." lacht der trotzdem noch süße Typ. "Normalerweise bin ich ein Gentleman und hätte dich ja vor dem Drachen gerettet, aber ich wollt einfach wissen wie du das regelst. Wie konntest du nur lächeln? Ich hätt wahrscheinlich den Laden zusammengeschrien." 

Uiii ich glaub, ich werd rot. "Naja, ich arbeite in eine kleinen Laden in der Hauptstraße. Da hab ich es öfter mit solchen Leuten zu tun. Das ist sowas wie Training für solche Notfälle." Wie abgesprochen müssen wir beide lachen. 

"Weißt du was?" fragt er mich. "Ich würd gern mehr über dich und deine Abenteuer erfahren. Würdest du vielleicht mit mir essen gehen?" 

Verblüfft schau ich ihn an. Normalerweise hab ich nie so ein Glück. "Ja... ja gern." stotter ich zusammen. 

"Das freut mich." sagt er mit dem süßesten Lächeln, das ich je gesehen hab.